10 – Lass nie eine Leine im Wasser hängen

Kleine Ursache, große Wirkung. Es kann zu einer sehr teuren Erfahrung werden, eine Leine im Wasser hängen zu lassen. Mir musste es zweimal passieren, bevor ich vor dieser Situation den entsprechenden Respekt entwickelte.
Beim ersten Mal segelten wir, während eines Wochenendtörns, nach Nysted an der Südküste Lollands. Wind aus West 4-5 Bft. Ein schöner, schneller Törn von Fehmarn mit raumen Wind. Spannend, die Durchquerung des Windparks. Vorbei an den riesigen Flügeln der Rotoren. Anschließend der Betonnung durch die Sandbänke folgend. Das Fahrwasser für die Hafeneinfahrt nach Nystedt muss von Ost nach West angesteuert werden. Kurs gegen den Wind, Fock bergen, Motor an und das Großsegel einholen.
Plötzlich erstirbt der Motor. Keine große Überraschung, ein bekanntes Phänomen bei unserem 30 Jahre alten Faryman. Auskuppeln und Starten.
Problemlos! Einkuppeln und wieder stirbt der Motor ab. Ich versuchte es wohl noch zweimal bis wir bemerkten, dass wir die Steuerbordvorleine in der Schraube hatten.
Was war passiert?
Ein schönes Beispiel für schlechte Seemannschaft! Wir waren noch am Anfang unserer Segelkarriere und bis zu diesem Tag haben wir die Vorleinen immer auf dem Vordeck liegen gelassen. Nach unserer Rauschefahrt mit NO Kurs durch den Windpark bei raumen Wind, änderten wir den Kurs auf N bzw NNW um die Sandbänke passieren zu können. Dabei krängte das Boot bei Halbwind deutlich stärker und die Vorleine rutschte unbemerkt in das Wasser. Als der Motor zum bergen der Segel gestartet wurde und das Boot Fahrt unter Maschine aufnahm, lief die Leine dicht am Rumpf entlang und kam kurz darauf in die Schraube.
Wie schon weiter vorn beschrieben, habe ich mir immer wieder die Frage gestellt, was zu tun sei, wenn der Motor ‚jetzt‘ ausfallen würde. Diese Überlegungen halfen bei der Bewältigung der Situation.
Sofort wurden die Segel gesetzt und mittels kurzer Kreuzschläge gelang es, das Boot durch das recht schmale Fahrwasser sicher in den Hafen zu bringen. Ein gepflegter (Not)- Längsanlieger, dann kehrte Ruhe ein.
Das Wasser hatte zu dieser Jahreszeit knapp 7°C. Glücklicherweise fand sich ein Taucher der uns für 300 Dkr die Leine aus der Schraube schnitt.

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Bezüglich der Vorleinen war die Lektion gelernt. Aber so ein Boot hat ja auch noch Heckleinen.
Etwa ein Jahr später war es soweit. Der Hafen von Orth/ Fehmarn. Beim Einfahren in die Box verfehlte mein Wurf der Leine den Heckpfahl. Die Leine fiel in das Wasser. Das Boot hatte etwas zu viel Fahrt und musste per Maschine aufgestoppt werden. Zu guter Letzt ging der Motor auch noch aus. Du ahnst etwas. Ich leider nicht. Ich startete die Maschine erneut, legte den Gang ein und der Motor erstarb erneut, diesmal aber verbunden mit dem hässlichen Geräusch sich trennender Laminatfasern.
Ein weiterer Neopren bewährter Taucher (es war wieder Frühjahr), brachte neben den Überresten der Leine schlechte Nachrichten mit nach oben. Im Gegensatz zur Vorleine, die in einem spitzen Wiinkel zur Schraubenwelle gezogen hatte, wirkte der Zug der Heckleine im 90° Winkel auf die Propellerwelle ein, die dadurch komplett verbogen wurde.
Insgesamt war so ein Schaden von 3000 Euro entstanden.
Diese beiden Beispiele sollen verdeutlichen, warum gute Seemannschaft so wichtig ist. Faulheit an Bord rächt sich umgehend. Im zweiten Fall wäre kühlen Kopf zu bewahren, wohl angebrachter und jegliches hektisches Handeln zu vermeiden gewesen.
Aber vor allen Dingen habe ich folgendes gelernt:

Lass nie eine Leine im Wasser hängen!

9 – Man findet immer einen Platz im Hafen

Wirklich! Man stelle sich folgendes Szenerio vor: Früher Nachmittag, eine leichte Brise, die Sonne strahlt von einem blauen Himmel herab, 25° C Lufttemperatur und Du segelst gemächlich mit zwei bis drei Knoten über das Meer dahin. Es sind nur noch ein paar Meilen bis zum Hafen. Um Dich herum noch andere Yachten.

Plötzlich wird der Motor bei einer Yacht gestartet. Segel runter, Hebel auf den Tisch. Ab Richtung Hafen. Kurze Zeit später die nächste, dann eine weitere. Der Run auf das Hafenbecken ist eröffnet. Übertrieben? Nein – oft erlebt und immer wieder in dieser oder jener Form zu beobachten.

Aber warum die Eile? Die Angst keinen Platz im Hafen zu finden ist unbegründet. Platz findet man immer. Im schlimmsten Fall leidet die Bequemlichkeit, aber im Hafen unterzukommen sollte eigentlich immer möglich sein. Genieße stattdessen den Segeltag. Entspanne Dich.

Erreicht man dann am späten Nachmittag oder Abend den scheinbar überfüllten Hafen, dann fährt man zunächst hinein. Mit Ruhe und Gelassenheit fährt man mit niedrigster Drehzahl die Boxengassen entlang. Es ist immer wieder erstaunlich, wie oft sich noch eine versteckt gelegene leere Box findet.

Sollte man hier mal nicht fündig werden, bleibt einem immer noch das Päckchen. In einem vollen Hafen werden sich schon die ersten gebildet haben. Nur Mut! Ist bei der auserkorenen Anlegeyacht jemand an Bord frage man höflicherweise, ob man längsseits gehen darf. In der Regel wird es nicht verwehrt. Sofern nicht ein ernstzunehmender Grund vorliegt würde es auch gegen die Prinzipien der guten Seemannschaft verstoßen.. Ein Anleger Heck an Bug bewahrt die Privatsphäre.

Ist ein Anlegen im Päckchen nicht möglich bleibt immer noch die Möglichkeit sich an den äußeren Pfählen zweier Boxen längs zur Boxengasse festzumachen. Das setzt natürlich voraus, dass ein Beiboot mitgeführt wird – falls man an Land gehen möchte.

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Am nächsten Morgen entspannt sich dann die Situation. Spätestens Punkt neun beginnen die ersten wieder auszulaufen und Du kannst in aller Ruhe in eine der freien Boxen verholen.

Ein Extrem haben wir mal im Hafen von Endelave, einer kleinen dänischen Insel südwestlich von Samsö erlebt. Hier lagen die Yachten so dicht aneinander gepackt, daß man von einer Seite des Hafenbeckens zum anderen trockenen Fußes über das Wasser hätte gehen können. Wir haben uns damals dann für die, im nächsten Absatz beschriebene, Variante entschieden.

Eine weitere Alternative stellt das Ankern dar. Hier sind natürlich die Verhältnisse in Hafennähe und das Wetter zu berücksichtigen. Wenn aber ein geeigneter Ankergrund in der Nähe ist und das Wetter mitspielt ist das auch eine gute Wahl. Ist ein Beiboot vorhanden steht dem Landgang auch nichts entgegen und man kann am nächsten Morgen entspannt im Hafen eine freie Box finden.